Gegründet 2006 – zum 10-Jahres Jubiläum

Im Programmheft 2016 hat sich Kurt Höretzeder, Gründer und Vereinsobmann, ein paar gedanken zu 10 Jahren WEI SRAUM. gemacht. 

Im Protokoll der „konstituierenden Generalversammlung“ vom 22. November 2006 wurden Ziele genannt, große: die „grafische Szene in Innsbruck sollte belebt, ein „Rahmen für Diskussionen und Veranstaltungen“ etabliert und das „öffentliche Bewusstsein“ geweckt werden. natürlich durften der „Blick über die Grenzen“ und folgerichtig auch der „Anschluss an internationale Entwicklungen“ nicht fehlen, wobei wir voller Eifer „regionale Themenstellungen“ ebensowenig vergessen wollten wie „Bildungsangebote“ oder „Service“.

Papier ist geduldig. Womit Skeptiker aber nicht rechnen: Gegen die Beharrlichkeit von Menschen, die eine halbwegs gute Idee verbindet, kann selbst geduldiges Papier wenig ausrichten. Und so können wir heuer, 10 Jahre später, sagen, jedem der damals halbstark formulierten Ziele näher gekommen zu sein. WEI SRAUM gilt heute österreichweit (und, was uns besonders freut, auch darüber hinaus!) als beispielhafte Einrichtung. Junge, kreative Menschen wurden auch über unsere Vorträge inspiriert, im Design mehr zu sehen als nur die Behübschung von Oberflächen. Leute lernten auf unseren Veranstaltungen andere Leute kennen, wechselten Kontakte und pflegen seither regelmäßig Austausch. Workshops haben viele dazu ermuntert, sich in Themen zu vertiefen, für die der Alltag üblicherweise kaum Zeit lässt. Die Ikonen-Ausstellung über Arthur Zelger und das Grafikdesign in Tirol hat tausenden BesucherInnen vor Augen geführt, wie weit grafische Bilder unsere Vorstellung und Wahrnehmung von Welt prägen. – All jene Dinge sind Beiträge dazu, das Qualitätsniveau von Grafik und Design in Tirol zu erhöhen und die Möglichkeiten aufzuzeigen, die im gleichermaßen intelligenten wie kritischen kreativen Denken stecken.

Gute Gestaltung, gutes Design ist uns also ein Herzensanliegen. – Wem ist es das nicht? Unterschiedlich sind die Motivationen, die dahinter stehen. Design kann in einem sehr eingeschränkten Sinn „schön“ sein, wenn es sich zu sehr auf die Oberfläche, den Schein, das Glatte beschränkt. Byung-Chul Han, ein Philosoph, den man lesen sollte, meint dazu, dass die „Positivität des Glatten die Kreisläufe von Information, Kommunikation und Kapital beschleunigt“.– Ob in unserer Zeit noch etwas beschleunigt werden soll, da bin ich mir nicht sicher. Mangelnde „Dynamik“ ist wohl nicht unser Problem, eher die Folgen von zu viel. Die Suchrichtungen für gutes Design gehen heute längst in eine andere Richtung. Ruedi Baur, einer der wohl herausragendsten Gestalter unserer Zeit (und übrigens schon 2007 bei WEI SRAUM zu Gast) meint, dass die Kompetenzen des Designs unhinterfragt in Anspruch genommen werden, „um das zu befördern und zu schaffen, was die Wirtschaft und ihre Kunden und nicht unbedingt die Gesellschaft und ihre Bürger brauchen“. Die Unterscheidung, die Baur hier in Erinnerung ruft, wird oft vergessen. Gutes Design hat zu allererst die Menschen, ihr Leben und die natürlichen Grundlagen im Auge und nicht „die Neuverzauberung des Konsums durch das Design“ *.

Dass sich in einer Wirtschaft, die auf der Höhe der Zeit ist, beides ganz gut verbinden lässt, wäre zu hoffen. Giorgio Agamben (auch ein Philosoph,der gelesen werden sollte), gibt in einem Gespräch einen Hinweis auf das, woran dieses Leben, das heute in einen kaum überbietbaren Überfluss an Dingen und Gedanken eingebettet ist, in Zukunft Gefallen finden könnte: An einem „anderen Gebrauch“ ** bereits vorhandener Dinge und Gedanken, der sie in ihren bestehenden Funktionenund Bedeutungen außer Kraft setzt und andereauf den Weg bringt. Agamben erhofft sich davon eine Lebensform, die Wirtschaft und Gesellschaft, Kunden und Bürger, Produkt und Ding nicht ständig gegeneinander ausspielt auf der gierigen Suche nach noch mehr nutzlosem Geld und weitgehend sinnentleertem Komfort.– Ich denke, in diese Richtung könnten und sollten wir unsere Lust am Gestalten lenken.

Vor zehn Jahren war es eine kleine Gruppe, die meinte, dass es in Tirol ein „Designforum“geben sollte, einen Raum, um über solche Themen nachdenken zu können. Heute gibt es das. Wir freuen uns, dass wir nun „offiziell“ den Untertitel „Designforum Tirol“ führen dürfen. Damit befinden wir uns in einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit den weiteren Designforen in Wien, Graz, Dornbirn. Wir werden vor allem bei Ausstellungen eng kooperieren und uns darüber hinaus gemeinsam mit den zahlreichen anderen Partnern für hervorragende Leistungen im Gestaltungsbereich engagieren. So, wie wir das auch die vergangenen Jahre seit unserer Gründung getan haben. – Dass wir das nach wie vor so ernst meinen wie an jenem eingangs erwähnten 22. November 2006, belegt das Jahresprogramm, zu finden auf unserer Website und im – 100 Seiten starken – Programmheft.

Kurt Höretzeder,
aus dem Vorwort des Programmhefts 2016

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